Auch im Jahr 2022 waren wir noch stark mit dem Virus SARS-CoV-2 beschäftigt. Wir führten bei den Blutspendenden mit Fragebogen eine retro- und prospektive Studie durch, um zu erfahren, wie viele Spendende schon Antikörper gegen das Virus gebildet hatten – entweder durch eine natürliche Infektion, durch die Impfung oder durch beides. In der ersten Hälfte 2022 wiesen rund 20% der Spendenden Antikörper auf; dieser Anteil stieg nach dem Wegfall der offiziellen Schutzmassnahmen und der Maskenpflicht rasch auf 70%.
In Zusammenarbeit mit dem Institut für Infektionskrankheiten der Universität Bern (IFIK) untersuchen wir zudem, wie sich die Zunahme von SARS-CoV-2-Antikörpern bei rund 1000 Polizistinnen und Polizisten im Kanton Bern entwickelt. Bei dieser Studie steht die Frage im Zentrum, was Schutzmassnahmen wie Impfungen und Gesichtsmasken bewirken. Die Antwort lautet: viel! Obwohl sie auch während der Corona-Pandemie berufsbedingt oft im nahen Kontakt mit anderen Menschen waren, erkrankten nur wenige Polizistinnen und Polizisten an COVID-19. Dies ist primär auf die Schutzmassnahmen zurückzuführen.
In der Schweiz leben immer mehr Menschen afrikanischer Herkunft. Damit wir ihnen Blutprodukte anbieten können, die an ihre Ethnie angepasst sind, bauen wir zurzeit ein entsprechendes Typisierungssystem für Erythrozytenkonzentrate auf.
Welche Rolle spielt das Geschlecht der Blutspendenden für die Funktion der Blutprodukte? Diese Frage studierten wir an einem Labormodell. Erythrozyten, die von Männern resp. Frauen stammten, wurden zu Plasma hinzugefügt, das ebenfalls von Männern resp. Frauen stammte; anschliessend beobachteten wir die Überlebenszeit der Erythrozyten (in vitro) und andere Parameter. Unter anderem konnten wir feststellen, dass Plasma von Frauen die Erythrozyten besser vor dem Verfall (Hämolyse) schützt als Plasma von Männern. Zudem waren Erythrozyten von Frauen, die mit Plasma von Frauen gemischt wurden, besser verformbar als Erythrozyten in Mischungen mit einem «männlichen» Anteil. Weibliche Sexualhormone könnten bei diesen Auswirkungen eine Rolle spielen. Unsere Forschungsresultate konnten wir 2022 am «Swisstransfusion»-Kongress präsentieren.
Wie verändert sich die Funktion von transfundierten Thrombozyten, wenn sie kürzer oder länger gelagert werden? Um diese Fragen zu beantworten, haben wir mit einer Studie begonnen, welche zu einer klinischen Studie führen wird: Bei Personen, die unterschiedlich lange gelagerte Thrombozytenkonzentrate erhalten, soll die Funktion der Thrombozyten getestet werden. 2022 haben wir uns darauf fokussiert, eine Lösung zu finden, wie man die Thrombozyten markiert, um sie bei einer Transfusion nachverfolgen zu können.
Das geplante Protokoll für die Laborarbeit wurde in der Zeitschrift «Transfusion» publiziert. Die Anträge bei den zuständigen Ausschüssen werden derzeit vorbereitet.